Interim Management zwischen Anfrage und Entscheidung: Wann ich „Ja“ sage und worauf ich besonders achte

Wenn ein neues Mandat auf den Tisch kommt, beginnt für mich eine Art inneres Screening. Ich frage mich: „Kann ich hier wirklich Wirkung entfalten – oder werde ich nur Scherben aufkehren?“

Viele Anfragen erreichen mich in kritischen Phasen: Restrukturierungen, Krisen, Transformationen. Situationen, in denen Unternehmen dringend handeln müssen – aber nicht immer wissen, was sie wirklich brauchen. Ein Macher? Ein Gestalter? Oder vielleicht gar keinen Interim Manager.

Das klingt hart, aber es ist die Realität. Denn ein falsches „Ja“ kostet alle: Zeit, Geld, Reputation.

Was ich aus meinen Mandaten gelernt habe

Über die Jahre habe ich eine klare Entscheidungslogik entwickelt. Sie basiert weniger auf Checklisten, sondern auf wiederkehrenden Mustern:

  • „Mandat klar“ heißt nicht „Kunde versteht es“.
    Oft ist die Ausgangslage schwammig, Erwartungen sind hoch, aber unscharf formuliert. Mein Fokus liegt dann nicht auf einem perfekt orchestrierten Kick-off, sondern darauf, Handlungsspielräume schnell sichtbar zu machen. Entscheidend ist, dass wir gemeinsam Klarheit gewinnen. Nur was klar ist, ist auch verlässlich.
  • Ressourcen werden systematisch unterschätzt.
    Budget, Zeit, politische Rückendeckung – im People Business werden Aufwände fast nie realistisch kalkuliert. Das hat sich in meiner 30-jährigen Berufslaufbahn nicht geändert. Mein Gegenmittel: transparenter Erwartungsabgleich und die Fähigkeit, Prioritäten neu zu justieren, ohne die Wirkung zu gefährden.
  • Kultur ist selten der „Showstopper“.
    Natürlich wünsche auch ich mir stets eine Führungs-, Unternehmens- und Kommunikationskultur, in der es sich gut arbeiten lässt. Aber oft resultiert die unternehmerische Schieflage ja gerade aus kulturellen Schwächen. Würde ich nur in „perfekten“ Kulturen arbeiten wollen, hätte ich kaum Mandate. Entscheidend ist etwas anderes: Gibt es echte Signale für Veränderungswillen? Und finde ich Multiplikatoren, die das Mandat politisch absichern? Ohne diese Allianz wird jedes Projekt zur Farce.
  • Erfolg ist messbar – aber nicht nur in KPIs.
    Natürlich gibt es harte Kennzahlen. Aber in Change-Prozessen (um die es in vielen Interim Mandaten geht) ist der wichtigere Kompass: Spürt das Management Fortschritt? Wird Kommunikation zum Hebel für Umsetzung? Wenn beides greift, stimmt die Richtung und ich kann Mehrwert spürbar aufzeigen.

Mein persönlicher Fit-Check: Wann ich „Ja“ sage

Meine Entscheidung für oder gegen ein Mandat folgt im Kern fünf Fragen – einem inneren Kompass, der mich leitet:

  1. Strategische Plausibilität
    Gibt es einen Plan, der Sinn ergibt – und halte ich ihn für umsetzbar?
    Klingt banal, ist aber nicht selbstverständlich. Wie oft erlebe ich auf höchster Ebene eine diffuse Vorstellung über den Kurs des Unternehmens. Wichtig auch bei komplexeren Unternehmensstrukturen: Passen die Pläne der wichtigsten Akteure zusammen?  Gesellschafter/Investoren vs. Top-Management, Holdingzentrale vs. nationale Tochter?
  2. Politische Absicherung
    Wer trägt den Change wirklich? Gibt es Multiplikatoren, die Rückendeckung geben – und passen wir zueinander?
  3. Innovationsbereitschaft
    Ist das Unternehmen bereit, Lernen und Anpassung nicht als Schwäche, sondern als Teil des Prozesses zu akzeptieren?
  4. Freiraum für Wirkung
    Kann ich mich auf die Sache konzentrieren – oder verliere ich Energie durch Budgetkämpfe und Blockaden? Kapazitätenmanagement wird bei Engpässen rasch zum politischen Spielball.
  5. Persönliche Passung
    Bringt mich das Mandat trotz aller Herausforderungen fachlich und menschlich weiter? Kann ich die Werte einbringen, die mich persönlich treiben? Neugier, Freude, Verantwortung, Gemeinsinn.

Wenn ich auf diese Fragen klare Antworten finde, sage ich „Ja“. Wenn nicht, lehne ich ab – auch wenn die Anfrage attraktiv wirkt.

Orientierung statt Schnellschuss

Gerade weil viele Unternehmen am Anfang nicht genau wissen, ob und wie ein Interim Mandat der richtige Weg ist, habe ich Orientierungsangebote entwickelt (zu finden hier auf meiner Webseite).

Sie bieten einen niederschwelligen Einstieg, um schnell Klarheit zu gewinnen – etwa durch ein kompaktes 30-Tage-Audit oder ein fokussiertes 6-Wochen-Sprintformat. In beiden Fällen gilt: Sie erhalten eine fundierte Analyse, erste Handlungsoptionen und eine realistische Einschätzung, wie weit Ihr Unternehmen wirklich für Change und Transformation aufgestellt ist und was ich als Interim Manager bewirken kann.

Das gibt Sicherheit – dem Kunden und mir. Und es verhindert, dass wir mit einem überstürzten Mandat starten, das später an Ressourcen, Klarheit oder Rückhalt scheitert.

Was Führungskräfte daraus lernen können

Ein Interim Mandat ist keine schnelle „Verlängerung der Arme“, sondern ein strategischer Hebel. Führungskräfte sollten sich bewusst machen: Erfahrene Interim Manager sagen nicht leichtfertig „Ja“. Sie prüfen, ob die Voraussetzungen für Wirkung gegeben sind – und ob das Management reif ist, Veränderung wirklich zu tragen.

Die Konsequenz:

  • Interim Management im Change ist Führungsarbeit, kein Projektmanagement. Wenn das Top-Team den Wandel nicht konsequent vorlebt, bleibt jede Initiative unglaubwürdig. Interim Manager brauchen diesen Rückenwind.
  • Die Twin-Funktionen im People-Business – Kommunikation ebenso wie HR  -sind Architekten, nicht Kostenstelle. Nur wenn sie auf Augenhöhe agieren, kann der People-Business-Faktor seine Wirkung entfalten – sonst zahlt das Unternehmen doppelt: in Fluktuation und verlorener Motivation.
  • Kommunikation ist grundsätzlich kein Beiwerk, sondern Schlüsselinstrument. Sie entscheidet, ob Mitarbeitende Orientierung finden und Verantwortung übernehmen – oder ob sie sich abwenden.

Der Kern: Interim Manager sind nicht ausführende Organe. Ihr Wertbeitrag liegt darin, als Gestalter von Fortschritt Brücken zu schlagen – zwischen Strategie und Umsetzung, Führung und Kultur, Anspruch und Wirklichkeit.

Mein Fazit

Ich bestätige, was viele Interim Manager täglich erfahren: Die meisten Mandate scheitern nicht an Methoden oder Konzepten. Sie scheitern an fehlender Klarheit, mangelnder politischer Absicherung und falschen Prioritäten.

Darum prüfe ich jedes Projekt streng. Nicht, weil ich wählerisch sein will – sondern weil ich nur dort Wirkung entfalten kann, wo Unternehmen bereit sind, wirklich zu führen.

Mein Angebot an Führungskräfte formuliere ich daher immer so:
„Wenn Sie nur Kosten senken wollen, bin ich der Falsche.
Wenn Sie aber stärker aus dem Wandel hervorgehen wollen – dann lohnt es sich, zu reden. Und wenn Sie den Einstieg lieber vorsichtig und klar strukturiert angehen wollen: nutzen Sie meine Orientierungsangebote. Sie bringen die notwendige Klarheit, bevor wir gemeinsam den nächsten Schritt gehen.“