Kooperation im People-Business: Schnittstellen und gemeinsame Interessen von HR und Kommunikation

Warum die Zukunft des People-Managements in der Verschränkung beider Disziplinen liegt

Rückblick: Zukunft Personal Europe 2025 – HR im Professionalisierungsschub, aber mit Positionierungsdilemma

Drei spannende Tage auf der ZP Europe 2025 in Köln haben mir erneut bestätigt: HR und Kommunikation sitzen im selben Boot – und sie haben ähnliche unternehmenspolitische Herausforderungen. Akzeptanz, strategische Bedeutung, Spielräume in Zeiten von KI und Automatisierung – all das prägt beide Disziplinen gleichermaßen. Doch die Verzahnung fehlt.

Die Messe zeigte eindrucksvoll: Die HR-Branche erlebt einen Professionalisierungsschub. KI-gestützte Tools, Automatisierung und Analytics dominieren immer stärker – bis zu 80 % der operativen HR-Prozesse könnten bis 2030 automatisiert sein. Recruiting, Onboarding, Payroll: alles wird effizienter. Die Ausstellerflächen waren voll mit Lösungen.

Aber: In vielen Panels und Gesprächen wurde auch die Schattenseite sichtbar. HR klagt über mangelnde Wahrnehmung als strategischer Partner. Ein CHRO formulierte es so: „Wir werden oft noch als Verwaltung gesehen – nicht als Gestalter der Zukunft.“ Zweifel an der eigenen Positionierung mischen sich mit dem Wunsch nach mehr Einfluss auf Augenhöhe. HR ist im Aufbruch – aber noch mitten im Dilemma.

Kommunikation als blinder Fleck – trotz dringendem Bedarf

Und die Kommunikation? Auf der Messe trat sie fast gar nicht in Erscheinung. Wichtige Felder wie Change-Kommunikation oder Führungskräfte-Kommunikation waren nicht vertreten. Interne Kommunikation beschränkte sich auf Tools – Apps, Plattformen, Portale. Strategische Inhalte, Dialogformate, Narrative? Fehlanzeige, bis auf vereinzelte Storytelling-Anbieter. Auch die Kommunikationsbranche entwickelt und professionalisiert sich kontinuierlich weiter, aber Präsentations- und Dialogformen wie die ZP Europe (und ihrer lokalen Ableger-Messen) fehlen dem Berufsstand völlig.

Nur ein Thema stach heraus: Corporate Influencer. Der Corporate Influencer Club – ein engagiertes Netzwerk aus Tausenden von Mitarbeitern aus Unternehmen – zeigte wieder eindrucksvoll, wie Mitarbeiterstimmen Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufbauen können. Viele spannende Beispiele wurden präsentiert. Ein Leuchtturm, der deutlich machte: Kommunikation wirkt – und HR braucht sie dringend als Partner.

Die Crux: Wer gestaltet das People-Management – und wer führt durch den Change?

Die ZP Europe machte ein strukturelles Problem deutlich, das Unternehmensentwicklungen massiv beeinflusst und auch die Arbeit von Interim Managern: HR und Kommunikation arbeiten oft nebeneinander, obwohl sie im Kern dieselbe Aufgabe haben – Menschen zu bewegen.

Einige Beispiele zeigen das Spannungsfeld:

  • Change-Prozesse: HR ändert Strukturen, Kommunikation stiftet Sinn. Erfolgreich wird es nur, wenn beides ineinandergreift.
  • Unternehmenskultur: HR definiert Werte und setzt Feedback-Systeme auf. Kommunikation macht Kultur erlebbar, indem sie Geschichten erzählt, Vorbilder sichtbar macht, Wahrnehmung steuert.
  • Corporate Principles: HR schreibt Richtlinien, Kommunikation übersetzt sie in Purpose, Markenversprechen, Haltung und Verhalten.
  • Führungskräfte-Coaching: HR vermittelt Führungskompetenz, Kommunikation stärkt Dialog- und Beziehungsfähigkeit, trainiert den Umgang mit Bedarf und Erwartungen von Mitarbeitern.

Das Problem: Beide konkurrieren oft um dieselben Aufträge. Change-Projekte scheitern, weil Strukturen geändert, aber Betroffenheiten nicht abgeholt werden. Employer Branding bleibt blass, wenn HR Daten sammelt, aber Kommunikation nicht die Erwartungen und Bedürfnisse der Stakeholder einbindet.

Auf einen Blick: Wer gestaltet das People-Management?

FrageHR-PerspektiveKommunikations-PerspektiveGemeinsame Chance
Wer steuert Change-Prozesse?Prozesse, Schulungen, OrganisationsdesignDialog, Narrative, SinnstiftungGemeinsame Change-Architektur
Wer macht Unternehmens-kultur erlebbar?Werte definieren, Feedback-SystemeGeschichten erzählen, Vorbilder sichtbar machen,
Wahrnehmung steuern
Kultur als Erlebnis
(an allen internen Touchpoints)
Wer formuliert Corporate Principles?Compliance, RichtlinienPurpose, MarkenversprechenPrinzipien, die gelebt werden
Wer coacht Führungskräfte?Fachliche FührungskompetenzDialogfähigkeit, psychologische Bedürfnisse erkennenFührung als People Skill

Die Lösung: HR und Kommunikation als „Twin Functions“ des People-Managements

Was braucht es also? Eine neue Logik: HR und Kommunikation als gleichberechtigte Partner. „Twin Functions“, die ihre Rollen klar definieren – aber mit gemeinsamer Verantwortung.

  • Change Management: HR verantwortet Prozesse, Schulungen und Strukturen. Kommunikation gestaltet Dialogformate und Narrative. So entstehen Akzeptanz und Sinnstiftung.
  • Führungskräfte-Entwicklung: HR liefert Kompetenzmodelle und Trainings. Kommunikation sorgt für Feedbackkultur, Resonanz und Sichtbarkeit. Führung wird dadurch inspirierend und verbindend.
  • Employer Branding: HR bringt Daten – etwa Fluktuation, Benefits, Engagement Scores. Kommunikation versteht Erwartungen, führt Stakeholder-Dialoge, erzählt Geschichten und entwickelt Corporate Influencer. Erst diese Kombination schafft Glaubwürdigkeit.
  • Krisen: HR stabilisiert intern, Kommunikation gibt Orientierung und Transparenz nach außen wie innen. Nur gemeinsam entsteht Vertrauen.

Twin-Functions im Überblick

ThemaHR-FokusKommunikations-FokusGemeinsames Ziel
Change ManagementProzessdesign, SchulungenDialogformate, NarrativeAkzeptanz durch Fakten + Emotionen
Führungskräfte-EntwicklungKompetenzmodelle, TrainingsFeedback-Kultur, SichtbarkeitFührung, die inspiriert und verbindet
Employer BrandingDaten (Fluktuation, Benefits, Scores)Storytelling, Stakeholder-Dialoge, Corporate InfluencerAttraktivität, die gelebt wird
KrisenInterne StabilisierungExterne und interne Positionierung, TransparenzVertrauen in unsicheren Zeiten

Drei konkrete Hebel für die Zusammenarbeit

  1. Gemeinsame KPIs
    Erfolgsmessung muss übergreifend erfolgen. Beispiel Employer Branding:
    • HR misst Bewerberzahlen und Time-to-Hire.
    • Kommunikation misst Reichweite und Sentiment.
    • Gemeinsamer KPI: „Steigerung der Bewerberqualität um X % durch abgestimmte Maßnahmen.“
  2. KI und Daten gemeinsam nutzen
    HR-Daten (z. B. Engagement-Scores) und Kommunikationsdaten (z. B. Intranet-Klickraten, Social-Media-Sentiment) ergeben ein 360°-Bild der Mitarbeiterstimmung. Ein Pilotprojekt könnte z. B. Echtzeit-Analysen kombinieren und so sowohl Handlungsoptionen als auch Botschaften ableiten.
  3. Corporate Influencer als Brückenbauer etablieren
    HR identifiziert authentische Stimmen. Kommunikation befähigt sie mit Storytelling und Dialogkompetenz. Ergebnis: glaubwürdige Botschafter, die Kultur und Marke gleichermaßen verkörpern.

Interim Management mit Kommunikationsauftrag: Brückenfunktion in Krisen und Wandel

Besonders relevant wird diese Frage in Krisen oder tiefgreifenden Veränderungen. Hier zeigt sich:

  • HR wird oft für operative Maßnahmen geholt (Sozialpläne, Outplacement).
  • Kommunikation für externe Krisenarbeit (Presse, Medien), begleitende interne Kommunikation und Führungskräfte-Kommunikation.

Doch wer begleitet die emotionale und kulturelle Dimension? Hier braucht es beide – in klarer Rollenaufteilung. Interim Manager können genau diese Brücke schlagen: Sie vereinen HR-Know-how (Prozesse, Compliance) und Kommunikationskompetenz (Dialog, Narrative).

Meine Erfahrung: Interim Management zwischen Kommunikation und HR

In meinen Mandaten erlebe ich die Schnittstelle von Kommunikation und HR täglich. Oft übernehme ich Aufgaben, die klassisch dem HR-Bereich zugeschrieben werden könnten – und führe sie interdisziplinär mit einer klaren Kommunikationsbrille aus. Beispielsweise:

  • Entwicklung kompletter Change-Konzepte, die nicht nur Kommunikationsstrategien, sondern auch Entwicklungsmaßnahmen für Führungskräfte und Teams umfassen.
  • Coaching und Befähigung von Führungskräften in ihrer Rolle – mit Fokus auf Dialogfähigkeit, Stakeholder-Kompetenz und Glaubwürdigkeit.
  • Formulierung von Unternehmens- und Führungsprinzipien sowie die Etablierung von Governance-Strukturen und Guidelines der Zusammenarbeit.
  • Konzeption und Umsetzung von Recruiting-Kampagnen – bis hin zu unkonventionellen Ansätzen wie Guerilla Recruiting, wenn klassische Wege nicht mehr greifen.

Gerade weil meine Mandate überwiegend interdisziplinär angelegt sind, bin ich auf eine gute Kooperation mit HR angewiesen. Doch allzu oft treffe ich auf ein starres HR-Silo, das sich auf operative Personalprozesse konzentriert, statt strategisch zu agieren. Je weniger HR den Fokus auf die Gewinnung, Entwicklung und Bindung von Talenten legt, desto stärker bleibt die Abgrenzung der beiden Welten – und desto mehr wird Kommunikation zum entscheidenden Hebel für Führung, Wirkung und Veränderung.

Meine Erfahrung zeigt: Kommunikation ist nicht nur „Begleitung“, sondern Treiber für Transformation. Sie schafft Orientierung, Resonanz und Akzeptanz – Faktoren, die über das Gelingen von Change-Prozessen entscheiden. Deshalb setze ich mich in meinen Mandaten immer wieder für eine enge Verzahnung beider Bereiche ein.

Fazit für C-Level-Manager

Die Erkenntnis aus der ZP Europe 2025: In Zeiten von Automatisierung und Fachkräftemangel entscheidet nicht, wer die besseren Prozesse oder Tools hat. Entscheidend ist, wer Menschen führt, bindet und begeistert.

Dafür braucht es HR und Kommunikation als Partner.
👉 Klären Sie Schnittstellen.
👉 Führen Sie gemeinsame KPIs ein.
👉 Starten Sie gemeinsame Pilotprojekte mit KI und Daten.
👉 Bauen Sie Corporate Influencer auf.
👉 Setzen Sie bei Restrukturierungen Interim Manager ein, die beide Welten verbinden.

Die gute Nachricht: HR und Kommunikation haben eine gemeinsame DNA – Menschen zu verstehen und zu führen. Genau darin liegt die Zukunft des People-Managements.